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500 Jahre Reinheitsgebot – Das Bier in der Ortenau

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Bier in der Ortenau

Bier – für viele Deutsche ist es fast schon ein Heiligtum. Auf das Reinheitsgebot sind nicht zuletzt die Brauer bis heute besonders stolz.

Zum 500. Geburtstag des Gebots wirft die Mittelbadische Presse einen Blick auf das Bier in der Ortenau.

Folgen Sie uns in dieser Multimedia-Reportage durch die Bierlandschaft unserer Heimat – zusammengestellt mit Artikeln und Fotos der Lokalredaktionen der Mittelbadischen Presse.
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Das Reinheitsgebot des Bieres wurde 1516 von Herzog Wilhelm IV. von Bayern verfügt. Es gilt als das weltweit älteste Lebensmittelgesetz der Welt und schreibt vor, dass nur Wasser, Hopfen und Malz ins Bier dürfen.

»Ganz besonders wollen wir, daß forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen«, heißt es in dem Gebot von 1516. »Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Faß Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden.«

Frühe Vorschriften zu Qualität und Preis des Bieres wurden bereits im 12. Jahrhundert erlassen. Eine Festlegung auf Wasser, Malz und Hopfen als Rohstoffe erfolgte für München 1487 durch Herzog Albrecht IV. von Bayern. Als Vorläufer des Reinheitsgebotes gilt unter anderem eine »Biersatzordnung«, die Herzog Georg den Reichen 1493 für das damals von ihm regierte Teilherzogtum Niederbayern erließ. Albrechts Sohn Wilhelm IV. dehnte 1516 das Reinheitsgebot auf ganz Bayern aus. 1906 wurde es zum Reichsgesetz und galt somit für ganz Deutschland.
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Darf man Bier mit einem anderen Getränk mischen? Zwei Redakteure, zwei Meinungen!

Darf Bier nur rein sein oder ist es als Mischgetränk auch okay? Redakteur Tobias Symanski (links) ist pro – also für die These, dass nur reines Bier wahres Bier ist. Volontär Daniel Wunsch hält dagegen. (Fotos: Iris Rothe)
Darf Bier nur rein sein oder ist es als Mischgetränk auch okay? Redakteur Tobias Symanski (links) ist pro – also für die These, dass nur reines Bier wahres Bier ist. Volontär Daniel Wunsch hält dagegen. (Fotos: Iris Rothe)
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PRO: "Der Panscher verdirbt es"

Von Tobias Symanski

Im Französischen heißt Bier mit Limo »Panaché«, also auf gut Deutsch: Gepanschtes. Das bringt die Sache doch ganz schnell auf den Punkt. Ein guter Stoff wird mit Minderwertigem vermischt. Warum? Um das Leckere zu strecken? Mal ehrlich: Eine weitere Kelle Wasser in der Suppe macht das Mittagessen auch nicht fetter. Doch was das Schlimmste an all dieser Mischerei ist: Das ursprünglich und meist handwerklich hergestellte Produkt Bier geht den Bach runter. Da braucht sich der Braumeister bei seiner Arbeit nun wirklich keine Mühe mehr zu geben, wenn der Konsument am Ende Cola, Kirschsaft oder Waldmeistersirup in den Gerstensaft kippt. Gutes Bier ist wie guter Wein. Nur rein wird daraus eine Offenbarung.

Der aktuelle Craftbier-Trend zeigt, was alles in dem Getränk steckt. Die Brauer schaffen es doch tatsächlich, aus den klassischen Zutaten Hopfen, Malz, Hefe und Wasser die unterschiedlichsten Aromen herauszuarbeiten. Auf einmal hat das Bier einen langanhaltenden Nachgeschmack, der an den Weißwein Sauvignon Blanc erinnert. Deswegen ist auch das Festhalten der deutschen Brauer am Reinheitsgebot richtig. Neue Geschmacksrichtungen durch Zugabe von Aromen in den Brauprozess zu erhalten, ist ihnen zu simpel. Der wahre Könner offenbart seine Fähigkeiten innerhalb des strengen Regelwerks.


KONTRA: "(Fast) keine Grenzen"

Von Daniel Wunsch

Heute feiert das deutsche Reinheitsgebot seinen 500. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch! Danach darf das nach uralter Braukunst hergestellte Bier nur Hopfen, Malz, Hefe und Wasser enthalten. Das ist seit fünf Jahrhunderten Tradition und macht das deutsche Bier weltweit einzigartig. Doch wenn Brauer hierzulande das Reinheitsgebot einhalten, warum dann nicht das gute Bier »verfeinern«?

Eigentlich ist es ja keine neue Idee, dem Bier Limonade oder Cola beizumischen. In Gaststätten gehören »Radler«, »Russ’n-Maß«, »Alsterwasser« oder »Diesel« zum festen Repertoire, und in Biergärten sind sie ein kühler Sommerhit. Auch die Berliner Weiße mit einem Schuss Himbeer- oder Waldmeistersirup ist ein Klassiker. In Deutschland waren Biermixgetränke unter den Braumeistern lange verpönt, bis 1993 war es aber auch den Brauereien im Biersteuergesetz verboten, diese direkt abzufüllen und fertig gemischt zu verkaufen. Seither erfreuen sich die leckeren Mixgetränke großer Beliebtheit. Zum einen wegen des niedrigeren Alkoholgehaltes, aber auch weil besonders jüngere Menschen und Frauen die Bitterkeit des puren Bieres nicht mögen oder auf der Suche nach neuen Geschmäckern sind. Und viele Brauer setzen völlig neue Akzente mit völlig neuen Kreationen: Apfel, Banane, Kaktusfeige, Drachenfrucht oder Guaraná – der Phantasie sind (fast) keine Grenzen gesetzt.
Darf Bier nur rein sein oder ist es als Mischgetränk auch okay? Redakteur Tobias Symanski (links) ist pro – also für die These, dass nur reines Bier wahres Bier ist. Volontär Daniel Wunsch hält dagegen. (Fotos: Iris Rothe)
Darf Bier nur rein sein oder ist es als Mischgetränk auch okay? Redakteur Tobias Symanski (links) ist pro – also für die These, dass nur reines Bier wahres Bier ist. Volontär Daniel Wunsch hält dagegen. (Fotos: Iris Rothe)
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Originelle regionale Marken sind im Trend. Auch die Ortenauer Brauerein profitieren davon – und nehmen dafür Geld in die Hand.

Die Kronenbrauerei in Offenburg beispielsweise investiert derzeit in eine neue Betriebsstätte samt Erlebnisgastronomie am Rand von Offenburg und setzt wie auch andere Kollegen in der Ortenau auf den sogenannten Craftbier-Trend. Dabei geht es um die steigende Nachfrage nach handwerklich hergestellten Brauprodukten mit dem gewissen Etwas. Heraus kommen meist hopfenbetont-fruchtige Sorten, die mit ganz neuen Aromen spielen und viele Biertrinker neugierig gemacht haben. Dafür sind Feinschmecker dann auch bereit, zwei Euro pro Flasche zu zahlen.

Dass die Zahl der Brauereien in Deutschland im vergangenen Jahr um weitere 31 auf 1388 stieg, liegt an neuen Gasthof- und Mikrobrauereien – sie produzieren keine 1000 Hektoliter im Jahr, machen aber inzwischen die Hälfte aller Brauereien aus.

In Offenburg beispielsweise hat Markus Kühnhanss seinen Traum von der eigenen Brauerei in seinem umgebauten Privatkeller verwirklicht. Dort stellt er wechselnde Sorten, beispielsweise Rauchbier, Badisch-Alt oder Klosterbier her. Und in der Schwanauer Brauerei Kleines Bierhaus von Benjamin Herr entstehen Weizen, naturtrübes Gullerbier (Export) oder ein mit Honig vergorenes Spezialbier.

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HÖRBEITRAG

Menschen wollen sich mit ihrer Heimat identifizieren, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Festakt zum 500-jährigen Bestehen des Reinheitsgebots in Ingolstadt.

Dafür leiste Bier "einen guten Beitrag".

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Die vier besten Rohstoffe nach dem Reinheitsgebot geben den Ulmer Bieren ihren Charakter

Die Braumeister Alexander Schneider, Bustl Bauhöfer und Qualitätsmanagerin Elisabeth Bauhöfer. (Foto: Susanne Wagner-Köppel)
Die Braumeister Alexander Schneider, Bustl Bauhöfer und Qualitätsmanagerin Elisabeth Bauhöfer. (Foto: Susanne Wagner-Köppel)
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Nur die besten Rohstoffe werden für die Biere aus der Familienbrauerei Bauhöfer in Renchen-Ulm verwendet. »Das ist die Grundvoraussetzung für gutes Bier«, erklärt Braumeister Alexander Schneider mit Blick auf das Reinheitsgebot.

Von Susanne Wagner-Köppel

Dass Alexander Schneider ein Meister seines Fachs ist, beweist die jüngste Auszeichnung. Für den »Eisbock« gab es jetzt bei »Meiningers 3. International Craft-Beer-Award« erneut Gold. »Wir haben die besten Rohstoffe, die man bekommen kann«, sagt Schneider. Und diese sind von Wetter und Natur bestimmt.

So ist die Braugerste auch nicht jedes Jahr gleich. »Jeder Jahrgang hat, wie beim Wein, seine Eigenheit«, berichtet Gustav Bauhöfer, Gesellschafter und Diplom-Braumeister, aus seinem jahrzehntelangen Erfahrungsschatz. »Sie ist so, wie der Herrgott sie hat wachsen lassen.« Die Braugerste für »die Braukultur der Ortenau« kommt aus Mittel- und Nordbaden, aus dem Kraichgau, aus der Vorderpfalz und zum Teil von der Baar.

Nur gutes Wasser macht ein gutes Bier

850 Tonnen Braumalz werden jährlich bei Bauhöfer verarbeitet. Alle zehn bis 14 Tage kommt der Lastwagen zum Abladen. »Wir verwenden Braugerste von drei verschiedenen Mälzern aus unterschiedlichen Anbaugebieten.« Die Mischung macht’s. Gutes Wasser braucht es für ein hervorragendes Bier. Die Brauerei Bauhöfer hat zwei eigene Brunnen, einen in der Brauerei und einen vor der Brauerei, sichtbar durch das Brunnenhäuschen oberhalb des Brauerei-Gasthauses »Braustübl«.

Gewürz des Bieres

Wichtiger Baustein der Biere von Bauhöfer ist natürlich der Hopfen, »das Gewürz des Bieres.« Die Familienbrauerei bezieht Hopfen aus allen drei wichtigen Anbaugebieten in Deutschland, aus der Hallertau, aus Spalt und aus der Hopfenstadt Tettnang am Bodensee. Die Hopfen werden als Pellets angeliefert. »Wir verwenden nur Aromahopfen«, betont Braumeister Alexander Schneider. Es kommen keine Bitterhopfen hinzu. Denn das Bier wird allein durch die Aromahopfen bitter, aber dieser Vorgang ist deutlich teurer. Neue Hopfensorten versprechen auch besondere Aromavielfalt. Vor allem setzt Bauhöfer auf die Klassiker: Tettnanger, Saphir, Tradition und Select. Langjährige Kontrakte mit den Hopfen-Lieferanten sichern den Nachschub.

Eigene Reinzuchthefe

Und schließlich benötigt das Bier die Hefe als Zusatz, damit es schön gären kann. »Wir verwenden eigene Reinzuchthefe«, schildert Brauerin Elisabeth Bauhöfer, zuständig fürs Qualitätsmanagement im Haus. Alle 15 Wochen erhält sie Hefekulturen aus Weihenstephan. Diese zieht sie im Labor hoch. Schon nach einer Woche hat sie die gewünschte Reinzuchthefe wieder in der Produktion, »womit wir unsere Sude vergären können.«

Wie schön der einzellige Sprosspilz arbeitet, können Besucher bei einem Rundgang durch die Brauerei in den schäumenden Gärbottichen sehen.


Die Braumeister Alexander Schneider, Bustl Bauhöfer und Qualitätsmanagerin Elisabeth Bauhöfer. (Foto: Susanne Wagner-Köppel)
Die Braumeister Alexander Schneider, Bustl Bauhöfer und Qualitätsmanagerin Elisabeth Bauhöfer. (Foto: Susanne Wagner-Köppel)
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Wie drei kleine Brauereien im Raum Lahr mit dem Reinheitsgebot umgehen

Jörg Lusch (50) von der Schlossbrauerei Stöckle, Schmieheim, hat in Ulm gelernt. Danach hat er in Ehingen und in der Schweiz Erfahrungen gesammelt, bevor er die Familienbrauerei von 1843 in siebter Generation übernommen hat. +++ Oliver Feick (42) vom Brauhaus »Dammenmühle«, Sulz, ist Franke. Seine Ausbildung hat er in Rothenburg ob der Tauber absolviert. Die Brauerei der »Dammenmühle« produziert im Jahr 700 Hektoliter Bier. +++ Benjamin Herr (38) von »Herr’s kleines Brauhaus«, Wittenweier, stammt auch aus Wittenweier. Er hat in der Schlossbrauerei Stöckle in Schmieheim gelernt, war danach in Offenburg in der Kronenbrauerei und hat seinen Meister in der Vollzeitschule in München erworben.
Jörg Lusch (50) von der Schlossbrauerei Stöckle, Schmieheim, hat in Ulm gelernt. Danach hat er in Ehingen und in der Schweiz Erfahrungen gesammelt, bevor er die Familienbrauerei von 1843 in siebter Generation übernommen hat. +++ Oliver Feick (42) vom Brauhaus »Dammenmühle«, Sulz, ist Franke. Seine Ausbildung hat er in Rothenburg ob der Tauber absolviert. Die Brauerei der »Dammenmühle« produziert im Jahr 700 Hektoliter Bier. +++ Benjamin Herr (38) von »Herr’s kleines Brauhaus«, Wittenweier, stammt auch aus Wittenweier. Er hat in der Schlossbrauerei Stöckle in Schmieheim gelernt, war danach in Offenburg in der Kronenbrauerei und hat seinen Meister in der Vollzeitschule in München erworben.
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Von Christine Breuer

Ist denn Bier nicht gleich Bier? Gut, es gibt Pils, Export, Weizen, Festbier, Märzen... Und es gibt Biere, denen beispielsweise Honig zugesetzt wird, die aber genauso aussehen und schäumen wie eine der vorgenannten Sorten. Aber das – darüber klären die drei Braumeister der Region um Lahr auf – sind bierähnliche Getränke. Die dürfen sich nicht Bier nennen. Aha, denkt sich da der unkundige Laie. Und warum?

Benjamin Herr von der Brauerei »Herr’s kleines Bierhaus« in Wittenweier, Jörg Lusch von der Schmieheimer Schlossbrauerei Stöckle und Oliver Feick vom Brauhaus der »Dammenmühle« in Sulz haben prompt und einheitlich die passende Antwort parat: »Diese Getränke entsprechen nicht dem Reinheitsgebot.« Die vor 500 Jahren erlassene Richtlinie, die kein Gesetz sondern eher eine Selbstverpflichtung der Bierbrauer ist, regelt die Inhaltsstoffe eines Bieres. Demnach besteht ein Bier nur aus vier Zutaten: Wasser, Hopfen, Malz und Hefe.

Garant für höchste Braukunst

Aber was bedeutet den Braumeistern das Reinheitsgebot? »Viel«, sind sich die drei einig. Zum einen ist es für sie ein Schutz der kleinen Brauereien: »Die großen Bierproduzenten mischen in ihr Bier Mittel zur Verlängerung der Haltbarkeit oder pasteurisieren ihr Bier«, erläutern die drei Braumeister aus der Lahrer Region. »So können die Getränke länger haltbar gemacht und gelagert werden.« Die kleinen Brauereien, die im Vergleich zu den großen Bierkonzernen nur relativ bescheidene Produktionsmengen umsetzen, verkaufen eigenen Angaben zufolge nur frische Produkte, die meist nicht länger als vier Wochen haltbar, dafür aber »mit viel Zeit zum Gären, Sorgfalt und Liebe« gebraut sind.

Außerdem stelle das Reinheitsgebot ein Qualitätsmerkmal dar, informieren die Braumeister. In anderen Ländern würden Zucker und sonstige Aromastoffe zugesetzt. Ein deutsches Bier, das nach den Regeln des Reinheitsgebots gebraut wurde, sei Garant für beste Rohstoffe, sortenreine Zutaten und höchste Braukunst.
Jörg Lusch (50) von der Schlossbrauerei Stöckle, Schmieheim, hat in Ulm gelernt. Danach hat er in Ehingen und in der Schweiz Erfahrungen gesammelt, bevor er die Familienbrauerei von 1843 in siebter Generation übernommen hat. +++ Oliver Feick (42) vom Brauhaus »Dammenmühle«, Sulz, ist Franke. Seine Ausbildung hat er in Rothenburg ob der Tauber absolviert. Die Brauerei der »Dammenmühle« produziert im Jahr 700 Hektoliter Bier. +++ Benjamin Herr (38) von »Herr’s kleines Brauhaus«, Wittenweier, stammt auch aus Wittenweier. Er hat in der Schlossbrauerei Stöckle in Schmieheim gelernt, war danach in Offenburg in der Kronenbrauerei und hat seinen Meister in der Vollzeitschule in München erworben.
Jörg Lusch (50) von der Schlossbrauerei Stöckle, Schmieheim, hat in Ulm gelernt. Danach hat er in Ehingen und in der Schweiz Erfahrungen gesammelt, bevor er die Familienbrauerei von 1843 in siebter Generation übernommen hat. +++ Oliver Feick (42) vom Brauhaus »Dammenmühle«, Sulz, ist Franke. Seine Ausbildung hat er in Rothenburg ob der Tauber absolviert. Die Brauerei der »Dammenmühle« produziert im Jahr 700 Hektoliter Bier. +++ Benjamin Herr (38) von »Herr’s kleines Brauhaus«, Wittenweier, stammt auch aus Wittenweier. Er hat in der Schlossbrauerei Stöckle in Schmieheim gelernt, war danach in Offenburg in der Kronenbrauerei und hat seinen Meister in der Vollzeitschule in München erworben.
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Philipp Ketterer, Geschäftsführer der Familienbrauerei Ketterer in Hornberg, spricht über das 500 Jahre alte Reinheitsgebot für Bier und über seine aktuelle Fortbildung zum Biersommelier. (Foto: Ketterer)
Philipp Ketterer, Geschäftsführer der Familienbrauerei Ketterer in Hornberg, spricht über das 500 Jahre alte Reinheitsgebot für Bier und über seine aktuelle Fortbildung zum Biersommelier. (Foto: Ketterer)
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Wir sprachen mit Phi­lipp Ketterer, diplomierter Braumeister und Geschäftsführer der Familienbrauerei Ketterer am Telefon – denn er befindet sich derzeit in Gräfelfing bei München, wo er sich zum Biersommelier weiterbildet.

Von Claudia Ramsteiner


Ist das Reinheitsgebot für Bier nach 500 Jahren noch zeitgemäß?

Philipp Ketterer: Da gibt es verschiedene Meinungen. Ich bin ein absoluter Fan des Reinheitsgebots, wie übrigens 85 Prozent der deutschen Bevölkerung. Viele wären froh, wenn auch bei anderen Lebensmitteln die Zutatenliste auf das Natürliche beschränkt wäre.

Aber im Jahr 1516 hieß es noch, dass »allein Gersten, Hopfen und Wasser« verwendet werden sollen. Wie ist das nun mit dem Hefeweizen?

Man kannte im Mittelalter zwar die Hefe schon, wusste aber noch nicht, was das ist. Und Weizen wurde damals verboten, um ihn für das Brotbacken zu sichern. Denn aus Gerste konnte man kein Brot backen, Bier brauen geht dagegen wunderbar. Wasser, Hopfen, Malz und Hefe, mehr darf nicht rein.

Aber industrielle Großbrauereien verwenden durchaus auch andere Stoffe zum Bierbrauen?

Die brauen in Deutschland alle nach dem Reinheitsgebot. Manche Verbraucher bringen Zutaten und Hilfsstoffe durcheinander. Es werden durchaus Hilfsstoffe etwa zur Filtration verwendet, die aber während der Fertigung wieder entfernt werden und im Bier nicht mehr enthalten sind. Daher müssen sie auch nicht deklariert werden. Es gibt schon Unterschiede beim Bierbrauen zwischen kleinen und industriell arbeitenden großen Brauereien, weil etwa das Bier aus großen Brauereien wegen des großen Vertriebsgebiets auch länger haltbar sein muss.

Aber die Einteilung: kleine Brauerei – gutes Bier, große Brauerei – schlechtes Bier funktioniert nicht. Das ist Geschmacksache, und die Konsumenten regeln das mit ihrer Entscheidung. Die sogenannten »Fernsehbiere« schmecken ziemlich einheitlich. Das liegt an der Philosophie, dass das Bier möglichst vielen »nicht nicht schmecken soll«. Das ist völlig in Ordnung, sonst gäbe es die auch nicht.

Ausländische Brauereien dürfen ihr Bier hier in Deutschland verkaufen, auch wenn es nicht nach dem Reinheitsgebot gebraut wurde. Ist das für die heimischen Brauereien ein Problem?

Nein. Das ist gesetzlich erlaubt, aber in Deutschland haben die nicht nach dem Reinheitsgebot gebrauten Biere eine ganz geringe Bedeutung. Es wird viel mehr deutsches Bier in die Welt exportiert.

Dann ist das Reinheitsgebot auch ein gutes Marketinginstrument?

Das sehe ich schon so. Aber es taugt natürlich nicht allein, um erfolgreich zu sein. Dazu ist die Herstellung von Bier viel zu spannend. Man kann auch im Rahmen des Reinheitsgebots Bier brauen, das nicht schmeckt (lacht).

Sie sind derzeit bei einem Kurs zum Biersommelier. Was kann man denn als diplomierter Braumeister da noch lernen?

Sehr viel! In den ersten Tagen ging es um Grundlagen wie Rohstoffe und Technologien, das ist einfach nur eine nette Auffrischung. Aber seit vorgestern geht es um den Schwerpunkt Sensorik, die »Sinnesphysiologie« und die psychologischen Zusammenhänge, das ist hochspannend. Der Flavour-Eindruck – da gibt es leider keinen deutschen Ausdruck dafür, ich würde es mal Genusswert nennen – bildet sich zu 80 Prozent durch das Aroma und nur zu 20 Prozent durch den Geschmack.

Das heißt, die Nase entscheidet mehr als die Zunge?

Ja, wenn man sagt »das Bier schmeckt mir«, ist das eigentlich gar nicht richtig. Die Nase nimmt viel mehr wahr, auch beim Schlucken dringt das Aroma in den Rachenraum, man nennt das retronasales Riechen. Das ist nur ein Beispiel von ganz vielen spannenden Themen.

Wie können Sie das Gelernte bei Ihrer Arbeit einsetzen?

Man bekommt hier unglaublich viele spannende Impulse, zum Beispiel auch dafür, wie man das eigene Bier noch professioneller beschreiben kann. Auch für die Kommunikation mit dem Verbraucher ist es sehr wertvoll. Der Sommelier war ursprünglich der Vorkoster am Hof und hatte die Aufgabe, Speisen und Getränke auf ihre Qualität zu prüfen. Heute ist das immer noch die Kernaufgabe eines jeden Sommeliers. Der Biersommelier konzentriert sich auf das Kulturgetränk Bier. Er versteht sich als Berater für den Gast und für den Gastronomen. Für die Vermittlung zwischen Getränk und Verbraucher, auch, um die Leidenschaft für Bier noch weiter zu entfachen, ist die Ausbildung sehr hilfreich.

Wie lange dauert diese?

Sehr intensive zwei Wochen. Samstag ist noch praktische Sensorik-Prüfung, nächste Woche geht es im Bierkulturhaus in Obertrum bei Salzburg weiter. Da ist dann auch viel Praxis dabei. Und am Freitag ist schriftliche Prüfung, danach Abschlussfeier.

Da knallen dann die Sektkorken?

Mitnichten. Da ploppen die Bierverschlüsse.
Philipp Ketterer, Geschäftsführer der Familienbrauerei Ketterer in Hornberg, spricht über das 500 Jahre alte Reinheitsgebot für Bier und über seine aktuelle Fortbildung zum Biersommelier. (Foto: Ketterer)
Philipp Ketterer, Geschäftsführer der Familienbrauerei Ketterer in Hornberg, spricht über das 500 Jahre alte Reinheitsgebot für Bier und über seine aktuelle Fortbildung zum Biersommelier. (Foto: Ketterer)
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Nachgefragt bei Offenburgs Prominenten: Welches ist ihr Lieblings-Bier – und zu welcher Gelegenheit trinken sie es am liebsten?

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Edith Schreiner, Oberbürgermeisterin:
Neben dem extra zum Freiheitsfest gebrauten Bier des Offenburger Kronenbrauhauses schmeckt mir persönlich auch das milde Ulmer Pils sehr gut. Als Oberbürgermeisterin der traditionsreichen Weinstadt Offenburg schätze ich aber auch die feinen Produkte unserer Weinbaubetriebe. Ein erfrischender Schluck Bier oder Radler ist schön bei einer Einkehr, wenn ich mit Wanderschuhen oder dem Fahrrad unterwegs bin.

Michael Nitze, Chef der Kronen-Brauerei:
Naturtrübes Pils aus der Zwei- bis Fünf-Liter-Syphon-Flasche, die es direkt ab Kronen-Brauerei gibt. Und unser »Kronen Premium Exquisit« (Pils). Am liebsten nach Feierabend, mit guten Freunden, beim Grillen. Ich finde, dass unser Bier zu allen Speisen harmoniert.

Heiko Henninger, Gastronom (»Brandeck«, »Linde«):
Ein Lager oder ein frisches Pils aus dem Fass. Ich probiere auch gerne die sogenannten »Nischenprodukte« wie das Klosterbier unserer Kronen-Brauerei. Am liebsten genieße ich einen kühlen Schluck nach Feierabend. 

Uwe Schreiner, Chef der Hexenzunft Offenburg:
Am liebsten ein Hefeweizen. Gern im Sommer beim Grillen. Bier gehört für mich zu geselligen Anlässen dazu, genauso wie ein guter Wein. Ich lege großen Wert auf Produkte, die aus der Region stammen. Wir haben hier vor Ort solch tolle Erzeugnisse, die soll uns erstmal einer nachmachen! 
           
Markus Knoll, Hitradio-Ohr-Chef:
Als gebürtiger Bayer habe ich Bier schon in der Muttermilch verabreicht bekommen. Die Folgen sind bis heute spürbar. Eine süffige Russen-Halbe (politisch korrekt: alkoholhaltiges Erfrischungsgetränk mit 50 Prozent Zitronenlimonade und 50 Prozent Hefeweizen) ist die Krönung jedes Sommertages. Nach nunmehr über 15 Jahren in der Ortenau kann ich sagen: Ja, die Badener können auch Bier. Und: Ja, die Bayern können es oftmals besser (dafür tun sie sich beim Wein deutlich schwerer). 

Stefan Huschle, Inhaber des Weinguts Freiherr von und zu Franckenstein:
Auch ein Winzer trinkt manchmal ein Bier. Am liebsten ein kühles Pils nach einer guten Weinprobe oder als »Zwischengang« bei der Weinverkostung. Wein und Bier aus der Region passen hervorragend zur badischen Kulinarik. Beides zu genießen vermittelt Lebensfreude und Lebensart.

Patrick Elble, Zunftmeister der Althistorischen Narrenzunft:
Meine Lieblings-Biersorte ist ein gepflegtes, kühles, offenes Kronenpils. Ich wechsle, je nach Jahreszeit oder Anlass, zwischen Wein, Bier und Mineralwasser. 

Barbara Roth, Inhaberin der Buchhandlung Roth:
Mit einem Bier erfrische ich mich nach dem Radeln, beim Schauen der Weltmeister- oder Europameisterschaft. Wenn wir unsere »Wortspiel«-Autoren nach den Lesungen zum Essen einladen, dann sind schon manche überrascht, dass in Offenburg Bier gebraut wird. Die Weinberge fallen den Besuchern natürlich zuerst ins Auge.















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Karlheinz Axt aus Kehl hat mehr als 5000 Bierdeckel gebunkert

Der Kehler Alt-Stadtrat Karlheinz Axt hat in seinem Hobbykeller 5000 Bierdeckel gebunkert. Die meisten sind, nach Ländern geordnet, in Schuhkartons verstaut. (Foto: Martin Egg)
Der Kehler Alt-Stadtrat Karlheinz Axt hat in seinem Hobbykeller 5000 Bierdeckel gebunkert. Die meisten sind, nach Ländern geordnet, in Schuhkartons verstaut. (Foto: Martin Egg)
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Von Martin Egg

Fingado, Rehfus, Müller, Wilder Mann, Fritz Zeeb – in Kehl gab es vor langer Zeit eine ganze Reihe Brauereien; zum 500. Jahrestag des Deutschen Reinheitsgebots ist allerdings keine einzige übrig geblieben. Ein wenig schade findet das Alt-Stadtrat Karlheinz Axt, der sich sein ganzes Leben lang schon mit Gerstensaft auseinandersetzt – wenn auch auf seine ganz eigene Weise: Seit seinen Jugendjahren sammelt das heute 78-jährige Urgestein der Kehler FDP Bierdeckel.

Genau nachgezählt hat er seinen Schatz nicht, Axt schätzt die Zahl seiner Glasunterleger aus Pappe aber auf sage und schreibe 5000. Die meisten von ihnen hat er in Schuhkartons verstaut – fein säuberlich nach Ländern geordnet. Ob China, Japan oder Thailand: »Bier braut man überall«, sagt Axt und hält einen Bierdeckel hoch, aus dem der Kopf eines Kängurus ragt: »Der hier stammt aus Australien!«

Das älteste Exemplar in Axts Sammlung wurde in den 1930er-Jahren im Auftrag der Düsseldorfer Actien-Brauerei gestanzt und mit einem noch heute aktuellen Spruch in Fraktur bedruckt: »Trink nach der Meister Brauch: mit tiefem Zug aus klarem Krug und mit Verstande auch!« Die andere Seite des Bierdeckels ziert ein Stilleben, das einen Bierkrug, eine langstielige Tabakpfeife sowie eine angeknabberte Salzbrezel zeigt. Ein echtes kleines Kunstwerk.

Reklame auf Emaille

Neben Bierdeckeln hat Axt noch weitere Memorabilia aus der Brauerei-Szene in seinem Hobby-Keller gebunkert. Da sind zum Beispiel einige Ausgaben des »BDM-Bierdeckelmagazins«, dem »Internationalen Fachblatt der Fördergemeinschaft von Brauerei-Werbemittel-Sammlern«. Darin bieten andere Bierdeckel-Freunde ihre Schätze zum Tausch oder Kauf an.

Die Kellerwände zieren außerdem Reklameschilder aus Emaille-Blech, und ein Regal bevölkern zwei Dutzend Bierkrüge. Zu einem aus Glas mit Deckel aus Zinn hat Axt eine ganz besondere Beziehung: Er stammt aus seiner Heimatstadt München und trägt den Namen seines Vaters.

Immer wenn dieser das Hofbräuhaus besucht habe, sei ihm das Bier im eigenen Krug serviert worden. »Damals war so etwas üblich«, sagt der Sohn fast schon mit etwas Wehmut in der Stimme.

Ein bayerisches Weißbier indes muss es für den Wahl-Badener Karlheinz Axt nicht sein: Am liebsten trinkt er Pils von regionalen Brauereien – immer mit dem passenden Bierdeckel unterm Glas, so wie es sich gehört

Der Kehler Alt-Stadtrat Karlheinz Axt hat in seinem Hobbykeller 5000 Bierdeckel gebunkert. Die meisten sind, nach Ländern geordnet, in Schuhkartons verstaut. (Foto: Martin Egg)
Der Kehler Alt-Stadtrat Karlheinz Axt hat in seinem Hobbykeller 5000 Bierdeckel gebunkert. Die meisten sind, nach Ländern geordnet, in Schuhkartons verstaut. (Foto: Martin Egg)
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Laut Deutschem Brauerbund wuchs der Marktanteil von alkoholfreiem Bier im vergangenen Jahr weiter auf 5,6 Prozent.

Nicht nur den Trend zum Bier aus der Region gibt es. Brauereien bewerben außerdem vermerht ihre Alkoholfreien – und zwar als Lifestyle-Getränke, kalorienarm, gesund, als isotonische Getränke für Sportler.

Denn die Deutschen achten mehr auf Gesundheit und Fitness – da hat es die Flasche Pils mit 430 Kilokalorien und fünf Prozent Alkohol schwerer. Heute ist Mineralwasser der Durstlöscher.

Wo früher ein Stammtisch war, ist heute ein Fitnessstudio. Die Freizeit wird anders verbracht. Auch am Arbeitsplatz wird volle Leistungsfähigkeit erwartet – ein Bier zum Mittagessen in der Kantine ist in den allermeisten Unternehmen längst passé.
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Bier schmeckt am besten in Maßen. Das weiß auch der wohl größte Bier-Fan Homer Simpson.

Denn auch das schönste Bier kann vom größten Kater getrübt werden.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen verantwortungsvollen Genuss – egal ob rein oder gemischt.

Prost!

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