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Klimawandel Teil2

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Die Auswirkungen des Klimawandels in der Region (Teil 6 bis 10)

Das Verfeuern von fossilen Brennstoffen zeigt Wirkung auf Mensch, Tier und Natur. Der Klimawandel be­trifft alles und jeden und wird in den kom­menden Jahrzehnten eines der prägenden Themen weltweit sein.

Die MITTELBADISCHE PRESSE beleuchtet in einer zehnteiligen Serie die Auswirkungen des Klimawandels auf un­sere Region: Was ist zu erwarten? Ob und wie kann man reagieren?
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Teil 6: Auswirkungen des Klimawandels auf die Forstwirtschaft und die Arbeit im Wald in der Region.

Teil 7: Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur und den Artenschutz in der Region.

Teil 8: Auswirkungen des Klimawandels auf den Sommer und Wintertourismus in der Region.

Teil 9: Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft und die Arbeitsverhältnisse in der Region.

Teil 10: Interview mit einem Klimaexperten, wie es aufgrund des Klimawandels 2050 in der Region aussehen könnte.

Alle Folgen unserer Klima-Serie finden Sie http://www.bo.de/klimawandel-in-der-region  
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Auswirkungen auf die Wälder (6)

Die ansteigenden Temperaturen, die Witterungsextreme, die lang anhaltenden Trockenperioden und die milden Winter, die der Klimawandel mit sich bringt, belasten die regionalen Wälder, wobei manche Baumarten diese Veränderungen besser wegstecken als andere.

Auch das Aussehen des Schwarzwalds wird sich durch den Klimawandel ändern. An eine Erwärmung der Atmosphäre um drei Grad Celsius könnten sich unsere Wälder laut Forschern nicht mehr anpassen. Die Höhengrenzen der Bäume und übrigen Pflanzen würden sich um 300 bis 500 Meter nach oben verschieben. Somit würden dann zum Beispiel auf einer Höhe von 1000 Metern Buchen- und Eichenwälder gedeihen.
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Fichten könnten mit dem Klimawandel klarkommen, doch aus trockenen Lagen wird sie sich wohl zurückziehen müssen.

Douglasien und Eichen sind wärmeliebend und trockenheitstolerant. Diese müssen gefördert werden.

Tannen sind als Tiefwurzler bei trockener und warmer Witterung im Vorteil, da sie tiefe Bodenschichten erreicht.

Kiefern sind durch Verbesserung des Kronenzustands und dem verringerten Nadelverlust dem Klimawandel gewachsen.

Eichen zeigen mit einem Rückgang des Blattverlusts leichte Verbesserungen.

Diese widerstandsfähigen Bäume sind notwendig, denn laut Waldzustandsbericht 2016 hat etwa jeder dritte Baum in Baden-Württemberg deutliche Schäden. Damit ist der Zustand des Waldes schlechter als in den 1990er Jahren, als vom »Waldsterben« die Rede war. Ein Grund hierfür ist vor allem die hohe Stickstoffbelastungen aus Landwirtschaft und Verkehr.

Ein gesunder Wald ist unentbehrlich, da die Bäume der Atmosphäre Kohlenstoffdioxid entziehen, dieses im Holz speichern und somit dem Klimawandel entgegenwirken. Auch der Anteil der Laubbäume soll weiterhin erhöht werden, da sie relativ stabil gegenüber Witterungsschwankungen sind.
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Eschen dürften keine Zukunft in den hiesigen Wäldern haben. Ihre Situation wird inzwischen als dramatisch beschrieben, denn 95 Prozent der Eschen in Baden-Württemberg sind von einem unheilbaren Pilz befallen – »und werden Zug um Zug absterben“ (Waldzustandsbericht 2016).

Buchen 
haben als zweithäufigster Waldbaum eine starke Fruchtausbildung, das heißt, es werden immer mehr Bucheckern in kürzeren Abständen ausgebildet, wodurch der Baum geschwächt wird, die Blätter kleiner werden und der Holzzuwachs zurück geht.
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Es gibt also Alternativen für die Forstwirtschaft, um auf den Klimawandel zu reagieren. Allerdings gilt es genau zu planen, denn sind die Bäume einmal gesetzt, kann man nicht einfach wieder umschwenken. Wo bisher für den Anbau geeignete Baumarten vor allem nach Standort und aktuellen Klimaverhältnissen ausgewählt wurden, müssen künftig auch die Klimaveränderungen mit eingeplant werden, um eine gesunde Baumpopulation zu gewährleisten.

Schließlich kann die Forstwirtschaft auf den Klimawandel nicht so schnell reagieren wie zum Beispiel die Landwirtschaft, die relativ schnell auf Getreide-, Gemüse- und Obstsorten umsteigen kann, die mit den neuen Gegebenheiten zurechtkommen können. Wälder wachsen nun mal sehr langsam, und Bäume stehen teils weit über 100 Jahre, bevor sie gefällt und verarbeitet werden.

Um den Boden zu schützen, ist beim Fällen der Bäume in zunehmendem Maße eine Spezialtechnik erforderlich. Da der Waldboden zur Haupterntezeit im Winter kaum noch einfriert, ist es notwendig, dass die Forstunternehmen den Waldboden durch Seilkräne mit Greifarmen, Erntemaschinen mit vielen Achsen und breiten Rädern sowie Bändern, die die Fläche der Reifen vergrößern, schonen. Denn sollte der Boden zu viel Druck abbekommen, erreichen Wasser und Sauerstoff nicht mehr die Wurzeln der Gewächse.

Fazit: Stress bei der Baumernte im Winter, dazu die heißen Sommer, die durch den Klimawandel in den vergangenen Jahren zugenommen haben und immer öfters zu erwarten sind: Der Klimawandel ist in unseren Wäldern angekommen. Vor allem an Waldrändern, Hängen und auf Hügelkuppen zeigen die Bäume dann ihre Stresssymptome, die Blätter werden braun und das Laub wird frühzeitig abgeworfen. Davon kann man sich bei der nächsten Hitzewelle mit eigenen Augen überzeugen.
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Der Wirtschaftsbereich »Forst und Holz« (Clusterinitiative in Baden-Württemberg) hat rund 30 Milliarden Euro Jahresumsatz und 200.000 Beschäftigte. Jährlich Erlöse im Staats-, Kommunal- und Privatwald: 300 bis 430 Millionen Euro (Holzverkauf: geschätzte 200 Millionen Euro). Lange vermarktete der Landesbetrieb ForstBW das Holz aus dem Staatswald sowie gegen Gebühr auch das aus kommunalem und privatem Waldbesitz.

Sturmschäden sind im Schwarzwald in den letzten 30 Jahren stark angestiegen: Die Orkane Wiebke und Vivian im Jahr 1990, Lothar (1999), Kyrill (2007) und Xynthia (2010) haben die Wälder stellenweise niedergemäht und dadurch anfällig für Schädlinge und Erosion gemacht. Laut dem regionalen Klimamodell Cosmo-CLM werden hohe Windgeschwindigkeiten aufgrund des Klimawandels in Süddeutschland künftig wohl nicht häufiger auftreten, jedoch könnte die mittlere Windgeschwindigkeit in den nächsten Jahrzehnten leicht zunehmen.
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Die Gemeinden und Körperschaften besitzen mit 39 Prozent den Großteil des Waldes in Baden-Württemberg. Im Durchschnitt verfügen die 1101 Gemeinden des Landes über etwa 500 Hektar Wald. Der zweitgrößte Flächenanteil mit 36,5 Prozent ist in privater Hand. Insgesamt teilen sich 260.000 Eigentümer den privaten Waldbesitz. Weitere 24 Prozent der Waldfläche sind in Landesbesitz. Fast 40 Prozent von Baden-Württembergs Fläche sind bewaldet. 58 Prozent des Waldes bestehen aus Nadelbäumen, 42 Prozent aus Laubbäumen. Die vorherrschenden Baumarten sind die Fichte (38 Prozent) und die Buche (21).

Durch längere Trockenperioden verringern Bäume ihre Zuwachsleistungen, sind aber auch empfindlicher für Schädigungen. So sind zum Beispiel durch Trockenheit geschwächte Fichten sind somit stärker vom Borkenkäfer befallen als gut mit Wasser versorgte Bäume. Durch den Temperaturanstieg verlängert sich der Zeitraum, in dem eine Entwicklung der Borkenkäfer möglich ist. Zudem läuft die Generationsabfolge auch in den Hochlagen rascher ab.
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Auswirkungen auf die Natur (7)

Tiere und Pflanzen ändern auf unterschiedlicher Weise ihren Lebensraum. Faktoren wie Vorkommen, Fortpflanzung, Verhalten, Nahrung und Arten-Steuerung werden vom Klima beeinflusst. Da Tiere und Pflanzen empfindlich auf einen Klimawandel reagieren, können schon kleinste Klimaveränderung große Auswirkungen haben.

Bei über einem Grad Celsius mehr, sinkt zum Beispiel in vielen Gebieten die Artenvielfalt. Auch das Aussterben einer Art, ist eine folge der natürlichen Veränderung. Je besser sich Arten anpassen, desto schwächer sind die Auswirkungen.

Fazit: Inwiefern der Rückgang heimischer Arten durch Zuwanderer ausgeglichen werden kann, bleibt also abzuwarten. Je größer die biologische Vielfalt in einem Gebiet ist, desto besser kann die Natur bei Veränderungen reagieren. Deshalb müssen die Wanderbewegungen der Arten unterstützt werden und möglichst viele verschiedene Lebensräume, in denen verschiedene Arten leben können, erhalten oder neu geschaffen werden.
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Vom Klimawandel sind Kälte liebenden Arten wie die Bachforelle stark betroffen. Auch Lebensräume in Gewässern sind aufgrund von Erwärmung und höherer Verdunstung stärker von Niedrigwasser und Austrocknung betroffen. Dort lebende Tiere mit eingeschränkter Mobilität haben dadurch kaum Überlebenschancen.

Hinzu kommt, dass es beim Aussterben einer Art zu einer Kettenreaktion kommen kann. Die Bachmuschel ist zum Beispiel auf Wirtsfische angewiesen. Sollten diese durch den Klimawandel aussterben, wird auch die Bachmuschel nicht überleben können.

Zu den Leidtragenden des Klimawandels und der dadurch bedingten trockenen Winter gehören auch Auerhahn und -henne. Im Winter bauen sie Schneehöhle, um sich darin zu verstecken. Wenn es aber an Schnee mangelt, wird Auerwild zur leichten Beute. Im Schwarzwald leben derzeit etwa 200 Auerhähne – 300 sind notwendig für einen gesicherten Bestand.

Die Lösung wäre mehr Lichtungen im Hochschwarzwald. Fällt mehr Licht auf den Waldboden, wachsen dort mehr Heidelbeeren – Nahrung für das Auerwild. Durch mehr Wärme kommen zudem mehr Küken durch den nasskalten Frühsommer.
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Die Taktik des Kuckucks, mit der er für seinen Nachwuchs sorgt, ist sowohl genial als auch extrem hinterlistig: Er legt seine Eier in ein fremdes Nest und das große Kuckucksküken schmeißt dann die kleineren Konkurrenten aus dem Nest. Doch der Klimawandel macht dem Kuckuck immer mehr zu schaffen: Wenn er im Frühjahr aus Afrika zurückkehrt, ist die Natur hier schon so weit fortgeschritten, dass bei anderen Vögeln die Brut schon in vollem Gange ist, wodurch der Kuckuck seine Eier, den anderen Vögeln nicht mehr unterschieben kann.

Gibt es in Zukunft in Baden-Württemberg mehr trockene Sommer, werden vor allem Biotope mit hohem Wasserbedarf betroffen sein. Längere Dürrephasen werden dafür sorgen, dass Nässe liebende Tiere und Pflanzen wie Torfmoose verschwinden. Bislang dauerhaft feuchte Gebiete wie Moore könnten sogar dauerhaft austrocknen. Schon ab einem Temperaturanstieg von 1,8 Grad Celsius könnten über 30 Prozent der Pflanzen aussterben.
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Der Klimawandel muss nicht bei allen Arten das Aussterben bedeuten, denn manche Tiere und Pflanzen können mitwandern -  zum Beispiel von unteren Höhenlagen des Schwarzwalds in höhere. Man kann regelrecht beobachten, wie die Apfelblüte nach oben »wandert«. 2007 brauchte sie von der Rheinebene (120 Meter Höhe) bis hoch zum Schliffkopf im Schwarzwald (1043 Meter Höhe) mit 66 Meter pro Tag mit 14 Tagen nur halb so lang wie 2006.

Für manche Arten vergrößert sich dadurch sogar der Lebensraum, welcher nicht nur einheimischen Arten, sondern auch Einwanderern zu Gute kommt. Daher breiten sich etliche mediterrane (wärme- und trockenheitstolerante) Pflanzen und Tieren in Baden-Württemberg aus. Dazu gehören Arten wie die Gottesanbeterin, Feuerlibelle, und die Bocksriemenzunge (Orchidee), die bislang nur im Kaiserstuhl vorkamen. Auch die aus Amerika stammende Kermesbeere (Foto) fühlt sich in der Ortenau immer wohler.

Ein weiterer Gewinner ist das Wildschwein, das sich in den letzten Jahren aufgrund der milderen Winter, die mehr Futter bringen, rasant vermehrt hat.

Auch viele Zugvögel kehren heute über zwei Wochen früher zurück als noch 1970. Vermutlich überwintern sie nicht mehr so weit im Süden. Einige Störche sparen sich sogar den Weg in den Süden und überwintern einfach hier.

Doch leider können manche Einwanderer auch negative Auswirkungen haben. Der Tigermoskito oder die Sandmücke schleppen verschiedene Krankheitsüberträger ein.


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Auswirkungen auf den Sommer- und Wintertourismus (8)

Baden-Württemberg liegt bei den Übernachtungszahlen im deutschen Tourismus auf Platz zwei – nur in Bayern wollen noch mehr Menschen Urlaub machen. 2015 wurden im gesamten Bundesland über 50 Millionen Übernachtungen gezählt, 2016 gab es alleine im Gebiet der Schwarzwald Tourismus GmbH 21,54 Millionen Übernachtungen von 5,78 Millionen Bundesbürgern und 2,34 Millionen Ausländern.

Der Tourismus ist daher in Baden-Württemberg ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das Land. Durch die Schaffung des »Nationalpark Schwarzwald« werden die Übernachtungen weiterhin steigen, da vor allem ausländische Touristen nun endlich einen Anlaufpunkt haben, wenn sie den berühmten »Black Forrest« besuchen wollen.

Alles in allem sind Tourismusbetriebe sind wetterabhängig. Im Sommer gewinnt der kühlere Schwarzwald an Attraktivität, da der Mittelmeerraum sehr heiß wird.
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Anders beim Wintersport. Dem Skitourismus stehen magere Zeiten bevor. »Es wird sicherlich immer Winter geben, in denen auch mal wieder viel Schnee fallen wird. Nur wird die Verlässlichkeit des Schneefalls noch weiter abnehmen. Manche Winter werden grün bleiben, andere werden dennoch viel Schnee bringen.«, sagte Wulf Westermann, Projektleiter des Klimaanpassungsprojektes »AKKlima-Oberrhein«.

Klimatologen gehen nach Berechnungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) für die kommenden Winter davon aus, dass die Westwetterlagen mit ihren wärmeren und feuchteren Luftmassen zunehmen, während die arktischen Kälteschocks zurückgehen.

Für die Jahre 2041 bis 2050 rechnen die Forscher deshalb mit 25 bis 44 Prozent weniger Schneetagen für die Gipfellagen des Schwarzwalds als noch in den Jahren 1994 bis 2003, in den Höhenlagen zwischen 500 und 1000 Metern sogar mit einem Rückgang von bis zu 65 Prozent.
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Die Lifte Mehliskopf, Seibelseckle und Ruhestein entlang der Schwarzwaldhochstraße, werden durch den Klimawandel immer weniger Schneetage zu vermelden haben. Wenn die Tourismusbranche im Winter weiterhin genügend Touristen anlocken möchte, steht sie vor der Herausforderung, die Wintersportangebote anzupassen und neue Urlaubsaktivitäten anzubieten, wie ganzjährige und wetterunabhängige Wellness-Angebote in Hotels oder auch Angebote im Hallenbad »Badeparadies Schwarzwald« in Titisee.
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Impression vom Hausacher Schwimmbad
Impression vom Hausacher Schwimmbad
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Die Zahl der warmen Sommertage wird laut Forschern zunehmen, sodass die Sommersaison früher beginnt und später endet. Das Forschungsvorhaben »Klimawandel – Auswirkungen, Risiken, Anpassung« (KLARA) hat für die Wandertage im Schwarzwald die tägliche Höchsttemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die tägliche Sonnenscheindauer untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass sich die Sonnescheindauer zwischen 2026 und 2050 erhöht und es insgesamt trockener und wärmer wird.

Sowohl Radfahrer als auch Wanderer werden im Schwarzwald also vom Klimawandel profitieren und mit ihr der Tourismus. Die Mitglieder des Schwarzwaldvereins in der Region pflegen fast 24.000 Kilometer ausgeschilderte Wanderwege. Der ist der Westweg, der von Pforzheim nach Lörrach auf 285 Kilometern über die Höhen des Schwarzwalds führt. Aber auch Halbtagstouren oder ganztägige Wanderungen sind jederzeit und überall möglich. Zum Beispiel bieten Premiumwege und Genießerpfade überall im Schwarzwald Ruhe, Ausblicke und Naturerlebnisse, was sowohl einheimische als auch auswärtige Touristen fast das ganze Jahr über anlockt. www.schwarzwald-tourismus.info/entdecken/Wandern

Doch für den Sommertourismus hält der Klimawandel leider auch negative Aspekte bereit. Denn gleich nach warm kommt heiß, und Hitze ist für den Tourismus – vor allem für den Aktiv-Tourismus – nicht wirklich von Vorteil. Die gesundheitliche Belastung steigt, insbesondere wenn es über eine längere Periode deutlich zu heiß ist. 30 Grad heiße Tage gab es in den vergangenen Jahren im Sommer immer öfter – und es werden noch mehr werden.





Impression vom Hausacher Schwimmbad
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Auswirkungen auf die Wirtschaft (9)

Investitionen in den Klimaschutz und in Anpassungsmaßnahmen sind zwar teuer, aber im Vergleich zu den Kosten, die durch die Auswirkungen des Klimawandels entstehen, günstig.

Es ist aber längst klar, dass die Erderwärmung auch ökonomisch zum Problem wird. Zum Beispiel können häufiger und intensiver auftretende extreme Wetterereignisse wie Stürme, Hagel und Überschwemmungen für mehr Schäden an Gebäuden, Fahrzeugen oder in der Land- und Forstwirtschaft sorgen.

Laut LUBW geht der britische Stern-Report von 2006 davon aus, dass bei einem Temperaturanstieg von 4,5 Grad Celsius – und das ist für Baden-Württemberg keine übertriebene Annahme – Kosten von fünf bis zu 20 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts bis zum Jahr 2100 entstehen.

Im Umkehrschluss: Investitionen in CO2-Sparmaßnahmen und Anpassungsmaßnahmen können für erhebliche Kosteneinsparungen sorgen. Der Klimawandel kann nur noch abgeschwächt, aber nicht mehr aufgehalten werden. Jedes Grad weniger bedeutet also Einsparungen mehrerer Milliarden Euro.
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Hitzewellen und Starkregen verursachen immer häufiger hohe Schäden. Die globalen Schäden durch extreme Klima-Ereignisse betrugen laut der Rückversicherung Münchener Rück für das Jahr 2002 52,5 Milliarden Euro. Die Kosten haben in den vergangenen 30 Jahren um den Faktor 15 zugenommen.

Bereits in der Vergangenheit haben Stürme in Baden-Württemberg große Schäden verursacht, allen voran Orkantief Lothar, das 1999 laut der LUBW für einen Schaden von insgesamt 8,6 Milliarden Euro gesorgt hat. Auch die Hochwassergefahr dürfte durch den Klimawandel vor allem im Winter zunehmen. Die Schäden durch extreme Wetterereignisse und ohne geeignete Anpassungsmaßnahmen treffen in Zukunft besonders die wirtschafts- und bevölkerungsstarken Bundesländer wie Baden-Württemberg.
    
Wegen Unwettern hat die Sparkassenversicherung 2016 in Baden-Württemberg deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen: Für Schäden durch Sturm, Hagel und andere Wetterfolgen habe man 206,5 Millionen Euro ausgezahlt – 2015 waren es noch 111,7 Millionen Euro.
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Neben den versicherten Schäden kommen noch die Kosten durch Schäden an Infrastruktur, durch Produktionsausfälle, durch Krankheiten und Todesfälle. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzte die volkswirtschaftlichen Kosten für den Hitzesommer 2003 auf zehn bis 17 Milliarden Euro für ganz Europa. Ohne geeignete Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, wird die deutsche Volkswirtschaft in den nächsten 50 Jahren bis zu 800 Milliarden Euro aufbringen müssen.

Wenn sich Gebäude und Straßen immer wieder aufheizen und abkühlen oder sie über längere Zeit großer Hitze ausgesetzt sind, kann das zu Bauteilermüdung, vorzeitiger Materialalterung, Dehnungsrissen und Ausfällen von technischen Gebäudeanlagen führen. Die Klimafolgen in Form von mehr heißen Tagen, häufigeren Hitzeperioden, mehr Sommertagen und häufigeren Extremereignissen bewirken, dass solche Schäden vermehrt und früher auftreten. Auf kurze Sicht bedeutet das mehr Reperaturaufträge für die Baubranche, auf lange Sicht müssen Lösungen für das Baugewerbe gefunden werden.
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Der Klimawandel hat aber nicht nur ökonomische Folgen auf Energieerzeugung, Versicherungen, Landwirtschaft und Industrie, denn auch die Gesundheitskosten steigen an. Nicht nur ältere Menschen werden in Zukunft immer unter langen Hitzeperioden leiden, sondern auch jüngere Leute werden durch zu warme Nächte nicht mehr gut schlafen, kommen deshalb morgens gestresst zur Arbeit und sind nicht mehr so belastbar. Dadurch wird die Anzahl der Krankheitsfälle steigen, vor allem bei Menschen die im Freien arbeiten. Auf dem Bau und in der Landwirtschaft gilt es sich gegen UV-Strahlung zu schützen, Sonnenbrand, Sonnenstich und auch Hautkrebs drohen.

Mehr warme Tage und auch Nächte, das klingt eigentlich gut. Aber für Arbeitnehmer führt das zu Belastungen. Helfen würde hier, wenn der Alltag flexibler gestaltet werden könnte, indem man in den frühen Morgenstunden arbeitet und über den Mittag eine Siesta hält, so wie in den südlichen Ländern. Den Vorschlag macht Dr. Tina Kunz-Knapp vom Karlsruher Institut für Technologie.
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Es gibt allerdings auch Chancen für die Wirtschaft: Klimaschutzmaßnahmen schaffen Arbeitsplätze, gerade im Bauhandwerk und bei der Solarenergie-Nutzbarmachung. Investitionen für Energiesparmaßnahmen im Gebäudebereich sparen Energiekosten ein und sorgen für Aufträge in der Bau- und Energiebranche.

Im Bereich der erneuerbaren Energien arbeiten immer mehr Menschen, auch in Baden-Württemberg. CO2-freie Energietechniken können zum Exportschlager werden. Das ist eine Chance für Baden-Württemberg mit seinem Erfindungsreichtum. Denn was im Kampf gegen den Klimawandel hilft, wird in der ganzen Welt gebraucht werden.

In Deutschland ist ein großer Teil der Büro- und Verwaltungsgebäude mit Kühl- oder Klimatisierungsvorrichtungen ausgestattet. Und der Anteil wird zunehmen, auch in der Oberrheinregion werden künftig immer mehr Privathäuser Klimaanlagen benutzen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg entwickelt und bewertet im Themenbereich Kühlung und Klimatisierung von Gebäuden energieoptimierte Konzepte unter Berücksichtigung von Architektur, Bauphysik und Gebäudetechnik, die sich im Sommer durch einen geringen Kühlenergiebedarf und eine hohe Anlageneffizienz auszeichnen.
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Interview mit Klimaforscher (10)

Eberhard Parlow (64) ist Professor für Meteorologie und Klimatologie an der Universität Basel
Eberhard Parlow (64) ist Professor für Meteorologie und Klimatologie an der Universität Basel
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Eberhard Parlow ist Professor für Meteorologie und Klimatologie an der Universität Basel. Mit der Mittelbadischen Presse sprach er über die klimatische Zukunft am Oberrhein, was getan werden kann, um den Klimawandel erträglicher zu machen, und wie er über die Zweifler denkt, die es immer noch gibt.

Herr Parlow, ein Blick in die Zukunft: Wie wird sich die Durchschnittstemperatur Ihrer Meinung nach am Oberrhein entwickeln?

Eberhard Parlow: Also ich schätze, dass die Temperaturen gegenüber heute bis zur Jahrhundertmitte nochmal ein bis eineinhalb Grad höher sein werden als heute. Wobei sich die Region Oberrhein natürlich von Frankfurt bis Basel zieht, und die Vorbergzone gehört auch noch dazu. Da wird es Unterschiede geben, so wie es sie auch heute schon gibt. Aber generell würde ich sagen, ein bis eineinhalb Grad obendrauf.

Bis zur Jahrhundertmitte sind es ja nur noch 33 Jahre. Und danach? Die Temperatur wird ja weiter steigen, oder?

Parlow: Sagen wir mal so, es gibt natürlich Aussagen, in denen tatsächlich bis zum Ende des Jahrhunderts von einem plus von nur zwei Grad die Rede ist, aber das ist ganz einfach nicht haltbar. Da müssten wir schon sehr viel heftiger als heute auf die Bremse treten. Insofern denke ich, dass wir bis zum Ende des Jahrhunderts von jetzt an noch gut drei bis vier Grad zulegen werden. Also pro Drittel- oder Vierteljahrhundert immer eine Steigerung um etwa ein Grad.

Keine Abkühlung zwischendurch?

Parlow: Sicher, es wird auch mal wieder einen Frost geben, wie vor Kurzem, als der Wein- und Obstbau so stark gelitten haben. Aber da muss man dann eben unterscheiden zwischen Klima und Wetter. Wetter ist kurzfristig, Klima ist mittel- und langfristig. Insofern wird es auch in Zukunft bei höheren Temperaturen bei einem wärmeren Klima sicher hin und wieder auch Frostnächte geben und im Winter wird manchmal Schnee fallen. Aber im Jahresmittel wird es weiter wärmer werden.

Was bedeutet das für die Menschen hier? Weniger Lebensqualität? Oder gilt es einfach nur, sich anzupassen?

Parlow: Die Anzahl der Tage mit einer erheblichen Wärmebelastung wird auf jeden Fall zunehmen. Als Beispiel wird immer der Rekordsommer 2003 genannt, damals sind auch die Politiker wach geworden, da plötzlich klar wurde, dass so ein extremer Sommer nicht nur schön ist, sondern auch belastend. Zehntausende Menschen sind damals zusätzlich gestorben. Unter der Hitze leiden vor allem kleine Kinder, deren Metabolismus auf Hochtouren läuft. Sie wollen ja wachsen, dadurch produzieren sie Energie, die sie abgeben müssen, um ihre Körpertemperatur von 37 Grad zu halten. Und bei hohen Außentemperaturen fällt es schwerer, diese Energie an die Umwelt abzugeben.

Und was ist mit älteren Menschen?

Parlow: Ja, zur zweiten Gefährdungsgruppe zählen alte Menschen, bei denen dieser Metabolismus, der die Körpertemperatur anpasst, nicht mehr so gut funktioniert.
Eberhard Parlow (64) ist Professor für Meteorologie und Klimatologie an der Universität Basel
Eberhard Parlow (64) ist Professor für Meteorologie und Klimatologie an der Universität Basel
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Man bräuchte also mehr Kühlung. Klingt für mich nach einer Aufgabe für die Bauwirtschaft ...

Parlow: Man kann dem baulich entgegenwirken, ja, besser kühlen. Da ist man aber natürlich ganz schnell bei der Klimaanlage. Und was macht die? Sie pumpt warme Luft aus der Wohnung raus in die Straßenschluchten. Und da sind die Temperaturen dann noch höher. In Japan sieht man das in den Großstädten schon, da sind die Lufttemperaturen am Tag um mehrere Grad höher als auf dem Land. Bei uns ist das noch nicht so schlimm, da es bei uns noch nicht so viele Klimaanlagen gibt. Aber wenn die immer mehr im Kommen sind, wird das auch bei uns zu Problemen führen, auch bei der Energieversorgung.

Warum das?

Parlow: Klimaanlagen benötigen viel Energie. Und da stellt sich dann die Frage, ob wir in den Jahreszeiten, in denen wir hohe Temperaturen haben, und in denen die Stauseen aufgrund von zu wenig Regen leer sind und Atomkraftwerke heruntergefahren werden müssen, weil die Kühlung durch Flusswasser nicht mehr gewährleistet ist, genügend Strom haben, um eine solche Menge an Klimaanlagen betreiben zu können.
  
Also sind Klimaanlagen auch keine Lösung.

Parlow: Im Endeffekt wäre es ja eh nur eine Umverteilung der Hitze aus dem Wohnungsinnern in die Straßenschluchten. Und in den Straßenschluchten ist der Wärmeeffekt dann um so extremer.
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Der Platz der Alten Synagoge in Freiburg wird derzeit umgestaltet.
Der Platz der Alten Synagoge in Freiburg wird derzeit umgestaltet.
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Was kann man denn noch machen?

Parlow: Gerade hier am Oberrheingraben gibt es da schon Möglichkeiten. Viele der Städte hier liegen ja am Rand eines Mittelgebirges, am Schwarzwaldrand, am Vogesenrand, oder Basel auch am Jurarand. Bei Freiburg und zum Beispiel auch im Kinzigtal haben wir kräftige Bergwindsysteme, die kühlen erheblich, sorgen für frische Luft und eine Temperaturreduktion.

Die sind ja von Natur aus da, auf was muss man achten?

Parlow: Es gilt dafür zu sorgen, dass sie offen gehalten werden. Wenn im Einzugsbereich Siedlungen oder Industrieanlagen gebaut werden, kann das Bergwindsystem schwächer werden oder sogar ganz zum Erliegen kommen.

Was kann man noch tun?

Parlow: Eine bessere Isolation der Gebäude ist eine Möglichkeit, eine gute Dachbegrünung kann viel bringen, man kann Straßen begrünen, eine alleeartige Beschattung, damit die Leute dort nicht der Sonne ausgesetzt sind. Das bewirkt schon einiges. Allerdings besteht dann wieder die Gefahr, dass die Autoabgase nicht nach oben können. Es ist alles nicht einfach, aber es gibt Lösungen.

Und probieren Städte diese Lösungen auch aus?

Parlow: Sie werden jedenfalls diskutiert. In Karlsruhe wird eine Stadtklimaanalyse Bestandteil der städtischen Planungsentwicklung werden, Stuttgart ist Vorreiter, auch Freiburg hat so was immer wieder gemacht. Die Planer und die entsprechenden Stellen sind sich darüber bewusst, dass man etwas machen muss.

Beim Beispiel Freiburg muss ich an den Platz vor der Universität denken, der immer grün war und nun zugebaut wird. Nicht sehr vorausdenkend, oder?

Parlow: Das ist tatsächlich völlig absurd, was die da tun. Eine Grünfläche mit Bäumen wegzunehmen und dafür dunkle Granitplatten hinzulegen.
 
Mögliche Gründe?

Parlow: Ich nehme mal an, Granitplatten verursachen im Herbst keine Kosten durch fallendes Laub (lacht). Wenn ich mit den Menschen spreche – das ist dann natürlich nicht offiziell – kommen in vielen Diskussionen die banalen Gründe heraus, warum man irgend etwas Absurdes getan hat. Und im Endeffekt reduziert sich das sehr häufig auf die finanzielle Situation.
Der Platz der Alten Synagoge in Freiburg wird derzeit umgestaltet.
Der Platz der Alten Synagoge in Freiburg wird derzeit umgestaltet.
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US-Präsident Donald Trump spricht im Juni 2017 im Rosengarten des Weißen Hauses zum Pariser Klimaabkommen. Die USA wollen sich aus dem weltweiten Klimaschutzabkommen von Paris zurückziehen.
US-Präsident Donald Trump spricht im Juni 2017 im Rosengarten des Weißen Hauses zum Pariser Klimaabkommen. Die USA wollen sich aus dem weltweiten Klimaschutzabkommen von Paris zurückziehen.
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Ist so etwas nicht frustrierend? Zu sehen, dass ganz dringend etwas gegen den Klimawandel getan werden muss, und zu erkennen, dass nicht wirklich etwas passiert?

Parlow: Es passiert schon etwas, aber es ist mühselig. Ich habe einen guten Kollegen in Bern, der bei Erklärungen, wie zum Beispiel bei der zum Pariser Klimagipfel, mitdiskutiert und mitwirkt. Mit dem möchte ich nicht tauschen, das muss frustrierend sein, wenn man bei Statements jeden Nebensatz und jeden Buchstaben und jedes Wort und jedes Komma durchdiskutieren muss, weil irgendein Land quer schießt. Ich wäre definitiv kein guter Politiker, weil immer Kompromisse geschlossen werden müssen. Aber da ist trotzdem etwas passiert, einiges wurde erreicht. Viele Länder haben beschlossen, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, E-Mobilität wird gefördert. Das ist unterschiedlich von Land zu Land, manche können es aus finanziellen Gründen nicht so schnell durchsetzen wie andere, manche sehen es schneller ein, andere später, zum Teil kann es auch vom Zeitpunkt der Wahlen in dem Land abhängen …

Also keine Frustration?

Parlow: Doch, natürlich. Wenn zum Beispiel ein amerikanischer Präsident sagt, es gibt keinen Klimawandel, da muss ich einfach fragen, wo sind wir eigentlich? Demnächst wird jemand Präsident in einem Land und behauptet, die Erde sei eine Scheibe. Also, wir wissen das besser, und da ist es schon frustrierend, wenn eine solche Ignoranz herrscht. Aber die Wissenschaft forscht weiter und die Belege sind eindeutig.

US-Präsident Donald Trump ist das eine, und sicher ist er der bekannteste Klimawandel-Leugner. Aber auch sonst gibt es ja noch immer viele Menschen, die den Klimawandel für Humbug halten.

Parlow: Die wird es wohl immer geben. Erst vor Kurzem wieder, bei diesen Frosttagen um Ostern herum, wurde in einigen Zeitungen gefragt: »War es das jetzt wieder mit dem Klimawandel?« Auch da wird wieder Klima und Wetter durcheinander gebracht. Solche Frostschäden sind eigentlich sogar ein Indikator für eine Klimaerwärmung, auch wenn das erst mal absurd klingt. Aber wir wissen, dass sich die Vegetationsperiode in den letzten Jahrzehnten deutlich nach vorne verlegt hat, je nach Gebiet gibt es um bis zu zweieinhalb Wochen frühere Blühtermine. Auch die Reben merken, dass es warm geworden ist, also legen sie los mit dem Wachstum. Frühe Wärme heißt aber nun mal nicht, dass es im April nicht noch mal zu einem Kaltluftvorstoß aus Skaninavien kommen kann. Dann gibt es Frost, und das zu einem völlig normalen Zeitpunkt im Jahr. Nur sind die Pflanzen inzwischen eben schon zu weit, weil es früher warm geworden ist. Wenn sie wie vor 30 Jahren erst Ende April oder Anfang Mai angefangen hätten zu blühen, dann wäre der Frost noch vor der Blühphase gewesen, und nichts wäre passiert. Es ist also kein Widerspruch, wenn ein Frostschaden als Indikator für eine Klimaerwärmung gilt.
US-Präsident Donald Trump spricht im Juni 2017 im Rosengarten des Weißen Hauses zum Pariser Klimaabkommen. Die USA wollen sich aus dem weltweiten Klimaschutzabkommen von Paris zurückziehen.
US-Präsident Donald Trump spricht im Juni 2017 im Rosengarten des Weißen Hauses zum Pariser Klimaabkommen. Die USA wollen sich aus dem weltweiten Klimaschutzabkommen von Paris zurückziehen.
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Landschaftsaufnahme in der Toskana.
Landschaftsaufnahme in der Toskana.
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Nochmal zurück – oder voraus – ins Jahr 2050. Am Oberrhein könnte dann ein Klima wie in der Toskana herrschen, heißt es. Da war ich vor ein paar Jahren. Das war sehr schön, warm, jeden Tag blauer Himmel, guter Wein – warum also nicht?

Parlow: Stimmt, das klingt ganz gut. Aber Sie waren wahrscheinlich nicht im Januar in der Toskana, da ist es dann nämlich fürchterlich kalt und es kann heftig regnen. Die Jahresmittelwerte der Temperatur, der Windgeschwindigkeiten und des Niederschlags in der Toskana klingen sehr angenehm, keine Frage. Aber es kommt ja auf die Verteilung an. Wenn ich in zwei Wochen 70 Millimeter Niederschlag habe, und sie fallen gleichmäßig verteilt, dann sind das jeden Tag fünf Millimeter. Das ist okay. Aber wenn ich an 13 von 14 Tagen keinen Niederschlag habe, und diese 70 Millimeter fallen dann an einem Tag oder in sieben Stunden, dann ist die Hölle los.
  
Und für diese »Hölle« sorgt der Klimawandel bei uns?

Parlow: Sehen Sie, wenn es wärmer wird in der Atmosphäre, kann sie mehr Wasserdampf aufnehmen. Und wenn mehr Wasserdampf drin ist, können auch die Niederschläge ergiebiger sein. Das heißt nicht, dass es gleichmäßig regnet, sondern es kann durchaus sein, dass solche Niederschläge entsprechend katastrophal sind, 50 oder 60 Liter auf den Quadratmeter innerhalb von sechs Stunden, dann ist der Bach über- und der Keller vollgelaufen. Und die Extremwerte werden zunehmen, die Hitzewellen, die Starkniederschläge. Es kann sein, dass sich am langjährigen Mittel nur marginal etwas ändert, und dann sagt man, das ist doch so wie in der Toskana. Aber in der Toskana ist es zwar im Sommer schön, aber im Winter kann es auch heftig sein. Mit Erdrutschen und richtig heftigen Niederschlägen. Und das ist dann nicht mehr so schön. Nur bekommt es der Tourist eben nicht mit.

In der Serie »Klimawandel in der Region« wurden in den vergangenen Wochen viele Folgen angesprochen. Das klingt zwar teilweise erschreckend, aber trotzdem scheinen die Menschen am Oberrhein und im Schwarzwald relativ glimpflich davonzukommen, auch wenn man sich anpassen muss. Wenn man dagegen Städte am Meer oder Gebiete, die jetzt schon sehr trocken sind, anschaut, geht es teilweise um Leben und Tod. Also Glück im Unglück, die Oberrheinregion als »Klima-Insel«?

Parlow: Es wird bestimmt nicht so sein, dass hier nichts passiert und um uns herum die Hölle los ist. Es wird auch hier Veränderungen geben. Nur sind wir in Mitteleuropa in einer vergleichsweise guten Situation, weil wir normalerweise – und daran wird sich in der Zukunft auch nicht grundsätzlich etwas ändern – nicht extrem lange Trockenperioden haben, wie zum Beispiel in Nordafrika. Wir haben über das Jahr verteilt immer wieder Niederschlag. Es wird auch warme Perioden geben, generell wird es in der Mitteltemperatur etwas wärmer, ich nehme an, dass die Hitzewellen zunehmen werden.

Wie Sie schon sagten, wie im Jahr 2003 ...

Parlow: Ja, 2003 war die erste große Hitzewelle. Aber 2013 und 2015 waren auch welche, in den letzten Jahren haben wir also mehrere solche Hitzewellen gehabt...

Moment, 2013 und 2015 auch?

Parlow: Ja, nur ist es nicht groß publik geworden – außer in der Wissenschaft. Momentan gibt es so viele andere Probleme, dass in den Medien nicht genug Platz ist. Das ist kein Vorwurf, es ist aber so. 2015 war die Hitzewelle mindestens so heftig wie 2013, in manchen Regionen sogar noch heftiger. Es sind viele Menschen zusätzlich verstorben durch die Hitze, aber es wurde nicht groß darüber berichtet.
   

Landschaftsaufnahme in der Toskana.
Landschaftsaufnahme in der Toskana.
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Die Medien sind also Ihrer Meinung nach mitverantwortlich dafür, dass der Klimawandel in den Köpfen der Menschen nicht so präsent ist?

Parlow: Ich nenne Ihnen mal ein klassisches Beispiel: das Ozonloch über der Antarktis. Gehen Sie in den Medien Mitteleuropas zurück und schauen Sie, wann zum letzten Mal darüber berichtet wurde. Bei Vorträgen, die ich halte, sagen die Leute »Ja, aber das Problem Ozonloch ist ja gelöst.« Das stimmt nicht, es ist nicht gelöst! Es wird nur nicht mehr darüber berichtet. Wir haben Trump, Putin, Frostschäden im Obstbau – das ist aktuell, darüber wird berichtet. Aber wenn über etwas nicht mehr geschrieben wird, weil es nun mal schon seit 20 Jahren existiert und nur marginal in den Griff zu bekommen ist, dann ist es langweilig. Dann fehlt diesem Fakt die Aktualität, und dann wird darüber nicht mehr berichtet. Und die Leute denken, über das Ozonlochproblem habe ich schon lange nichts mehr gelesen, also scheint es das nicht mehr zu geben. Aber es ist noch genauso da wie früher, die Zahlen zeigen das.

Selbst wenn man sich all der Probleme bewusst ist, kann denn der Einzelne überhaupt etwas verändern? Wenn mal wieder ein Klimagipfel vorbei ist und wieder nichts Grundlegendes beschlossen wurde, fragt man sich schon, warum man den Müll trennen soll, wenn doch die großen Probleme ungelöst bleiben. Zu Recht?

Parlow: Jeder kann etwas machen. Aber man sieht sich leider nicht in der Verantwortung. Ich habe gerade eine Diskussion mit Freunden gehabt, die im Ruhestand sind und jetzt um die Erde fliegen. »Habt ihr euch mal überlegt, dass eure Treibhausgasemmissionen dadurch etwa so stark wie die von zehn Mitteleuropäern sind? Und was eure Kinder und Enkelkinder dadurch für Probleme bekommen?« Die Antwort war: »Na ja, das macht ja jetzt auch keinen Unterschied mehr, ob ich fliege oder nicht fliege.« So zu denken ist einfach, aber natürlich kann man mit Kleinigkeiten, wenn viele Leute mitmachen, etwas erreichen.

Also Urlaub zuhause?

Parlow: Ich bin nicht gegen das fliegen, ich muss das ab und zu auch beruflich tun, aber ich würde für eine Woche Urlaub nicht nach Teneriffa fliegen. Man kann mit der Eisenbahn oder mit dem Auto auch sehr schöne Ziele erreichen, da muss ich nicht um die Welt jetten, um mich dann im Januar irgendwo an den Strand zu legen.

Glauben Sie denn, dass sich etwas ändern wird im Verhalten der Bevölkerung? Es gibt ja immer die bequeme Ausrede, dass die da oben ja auch nichts auf die Reihe bekommen, warum also sollte ich mich bemühen?

Parlow: Klar, es gibt immer eine Ausrede. Das ist leider so. Aber wenn es dann so weit ist, dass im Sommer Hagelniederschlag die Ernte zerstört, oder zum dritten Mal hintereinander in einer Region wegen Hochwasser oder Starkregen die Keller voll laufen ...

... oder wenn es mal wieder über Wochen hinweg unerträglich heiß ist ...

Parlow: Ja. Denn wenn es ein Grad wärmer wird, heißt es ja nicht, dass jeder Tag ein Grad wärmer ist. Es wird viele kühlere Tage geben, viele normale Tage, und dann gibt es eben aber auch die zehn oder 14 oder 20 Tage, in denen ich eine Hitzewelle habe. Und dann stirbt die Oma. Und die hätte das Testament noch zu meinen Gunsten umschreiben können. Damit bekommt man sie dann, die Klimawandel-Zweifler. Und dann dürfen genau die mit den Ausreden eben nicht mehr sagen, dass das alles nur Zufallsereignisse sind. Nein, diese Ereignisse sind genau das, wie sich Klimawandel äußert.





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In unser zehnteiligen Klimawandel-Serie und unseren beiden Multimedia-Reportagen haben wir damit einen Überblick über die globale Entwicklung und die Auswirkungen des Klimawandels auf Baden-Württemberg und die Region gegeben. 
 
Alle Folgen unserer Klima-Serie finden Sie zudem gesammelt unter http://www.bo.de/klimawandel-in-der-region.    
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Kapitel 1 Die Auswirkungen des Klimawandels in der Region (Teil 6 bis 10)

Der Klimawandel in der Region

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