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Los geht's

Bunker in der Ortenau

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Einleitung






Ein schweres Tor in eine alte Zeit,
geprägt von Erinnerungen und Schuld

- Was ist bestehen geblieben?

 


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    Die Ortenau ist reich an Bunkern, die hauptsächlich im Zuge der Zeit des Nationalsozialismus und des Kalten Krieges entstanden sind.

    In dieser Reportage haben wir uns vier von ihnen angesehen und herausgefunden, warum von abertausend Bunkern nur noch wenige erhalten sind.







    Eine Multimedia-Reportage von Sebastian Xanke.

    Fotos: Benedikt Spether, Iris Rothe, Ulrich Marx, Klaus Gras, Michael Truttenbach, Friedrich Wein, Patrice Wijnands, Sebastian Xanke.
    Kamera: Katja Kollischon, Joschua Häberle, Benedikt Spether.
    Schnitt: Sebastian Xanke.
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    > Patrice Wijnands ist 1976 geboren, niederländischer Herkunft und wohnt in Karlsruhe. Dort arbeitet er als Geo-Informatiker.

    > Er untersucht seit seinen Jugendtagen die Relikte des ehemaligen Westwalls und versucht, die Befestigungsanlagen für die Öffentlichkeit im historischen Kontext der nationalsozialistischen Politik und Ideologie begreifbar zu machen.

    > Wijnands ist ehrenamtlich für das Landesamt für Denkmalpflege in Baden-Württemberg tätig.




    Im folgenden wird Wijnands immer wieder mithilfe von Audiospuren über verschiedene Stationen in dieser Reportage berichten. Unten links wird dementsprechend auf manchen Seiten ein Symbol erscheinen, auf das Sie klicken können.

    Das Foto ist von Walter Stutterich.
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    Die Karte links im Hintergrund zeigt den Westwall sowie die französische, entgegengesetzte Maginot-Linie - die Darstellung ist jedoch nicht wahrheitsgetreu.

    Patrice Wijnands erklärt, die Karte zeige die französischen Befestigungen bewusst zuzüglich veralteter und nicht mehr verwendeter Bauten.

    Die deutschen Stellungen seien hingegen als riesige "Zonen" dargestellt worden, was zeigen sollte, dass es keine Lücke zwischen ihnen gebe.

    Das habe nach innen Sicherheit vermittelt, sagt Wijnands und fügt hinzu: "Es rechtfertigte anhand der 'enormen' französischen Befestigungen die eigenen."

    Die Karte wurde demnach aus Sicht des Nationalsozialistischen Regimes angefertigt. 

    Wenn Sie auf das Symbol unten links drücken, können Sie eine akurate Karte der deutschen Stellungen sehen, indem sie den Mittelstrich nach links ziehen. Nach oben verlaufen die Anlagen bis weit über Aachen.






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    Bis tief in den Herbst 1938 erstreckte sich Hitlers Plan, den Westwall aufzubauen. Laut Wijnands wurden bis zum Oktober 1938 ungefähr 9000 Bunker errichtet - viele allerdings noch im Stadium von Baustellen.

    Wenn es um den Bau des Westwalls im Sommer 1938 geht, wird nach Wijnands in neueren Veröffentlichungen häufig von "Zwangsarbeit" gesprochen. Beim genaueren hinschauen dürfte es sich aber eher um Zwangsverpflichtungen beziehungsweise Dienstverpflichtungen gehandelt haben.

    Die zur Arbeit herangezogenen Menschen waren demnach nicht in ihrer Berufs- und Ortswahl frei, bekamen aber einen Lohn. Dieser fiel im Vergleich zu anderen Gehältern in der damaligen Wirtschaft, sogar sehr gut aus, so Wijnands.

    Wenn Sie auf das Symbol unten links drücken, hören Sie, wie der Westwall entstanden ist.







    Das Bild zeigt Westwall-Panzersperren in Nordrhein-Westfalen und ist von Rolf Vennenbernd/dpa/lrs.









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    Das für den Bau der Bunker benötigte Geld hatte das Nationalsozialistische Regime jedoch keineswegs auf der Hand, erklärt Wijnands.

    Hitler habe damit gerechnet, in den kommenden Jahren Länder, vor allem östlich des Deutschen Reichs, zu erobern und damit zusätzliche wirtschaftliche Mittel zur Verfügung zu haben, um die Kosten decken zu können.













    Das Bild (Pixabay) zeigt einen alten Panzer auf einem Truppenübungsplatz bei Aachen.


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    Der Tarnbunker in Neumühl

    ... ist ein Westwallbunker, auf dem ein Fachwerkhaus errichtetet wurde, um die Anlage vor feindlichen Blicken zu verbergen. Das Haus wurde im Jahr 2008 abgerissen - es stand nicht unter Denkmalschutz. Über dem Bunker soll in den kommenden Monaten ein neuer Ausbau entstehen, sagt Klaus Gras, der seit 24 Jahren Gäste durch historische Stätten in Kehl, Straßburg und dem Elsass führt.

    Die Anlage setzt sich aus einem Haupt- und einem Kampfraum zusammen. Ersterer ist durch zwei kleine Eingänge betretbar, während ein größerer Eingang in den Kampfraum führt. Die Anlage bot 18 Mann Platz.

    Allein in Neumühl wurden während der NS-Zeit 16 Bunker gebaut. Grund dafür war laut Gras, dass der Ort wegen der Kinzig und seiner Nähe zum Rhein in einer strategisch wichtigen Position lag.


    Der Tarnbunker ist der einzige in Neumühl, der die nachträglichen Zerstörungsmaßnahmen überlebt hat.







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    > Klaus Gras ist seit 24 Jahren Gästeführer in Kehl, Straßburg und dem Elsaß.

    > Seit 14 Jahren ist er Lokal-Assistent im Europaparlament Straßburg.

    > Als Schatzmeister war Gras bis 2012 rund 20 Jahre im Vorstand des Historischen Vereins von Kehl. Unter anderem dort hat er sich für Kooperationsvereinbarungen mit der Städtischen Wohnbau Kehl eingesetzt, um historische Stätten zu erhalten.
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    Schlafplätze

    Drei Schlafpritschen auf dieser und zwei auf der entgegengesetzten Seite sind mit Ketten an der Decke befestigt. Sie ließen sich, genau wie viele weitere Möbel auch, hoch klappen, um mehr Platz zu schaffen.

    Sprachrohr zum Kampfraum

    Flüsterleise war es meist in den Bunkern, da die Soldaten die Befürchtung hatten, vom Feind gehört zu werden. Die Stille im Bunker wurde jedoch hin und wieder von Berichten aus dem Kampfraum in den Hauptraum und zurück unterbrochen.

    Belüftungsanlage

    Die Belüftungsanlage ist hauptsächlich ein Resultat des Ersten Weltkriegs. Aus Angst vor Gasangriffen waren viele Bunkerstellungen mit Belüftungen ausgestattet, die im Notfall einen Überdruck in der Anlage erzeugten, um das Gas am Einströmen zu hindern.

    Schieß- und Gesprächsscharten

    Auch der Hauptraum ist mit Schieß- und Gesprächsscharten ausgestattet, die in die Gänge vor den inneren Bunkertüren führen. Der Feind beziehungsweise Freund konnte so abgepasst werden. 

    Deckenlicht?

    Im Neumühler Tarnbunker gab und gibt es kein Deckenlicht. Zu groß war die Angst der Soldaten, dass ein Lichtschein nach außen dringen und den Feind auf die Stellung aufmerksam machen könnte.

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    Links sehen Sie den Tarnbunker in seiner ursprünglichen Bauweise, rechts zeigt das Bild den derzeitigen Zustand der Anlage.


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    Der Tarnbunker in Neuried

    ... ist  gegen Ende des zweiten Weltkriegs komplett mit Beton und Felsbrocken zugeschüttet worden. Arbeiter beseitigten 450 Tonnen Schutt, um den Bunker wieder begehbar zu machen, erzählt Bunkerexperte Michael Truttenbach, der die Anlage zusammen mit seiner Familie betreut und ausbaut.

    Viele Inschriften auf den Wänden innerhalb des Bunkers sind noch original erhalten. So steht im Kampfraum: "Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte ." Eine Zeile aus dem Vaterlandslied von Moritz Arndt aus dem Jahr 1812.

    Der Bunker bot 27 Mann Platz.



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    > Michael Truttenbach ist 33 Jahre alt, gelernter Fahrzeuglackierer und arbeitet derzeit als Industrielackierer in Offenburg.

    > Mit seiner Freundin und zwei Kindern arbeitet er in seiner Freizeit häufig an dem Bunker in Altenheim.

    > Über die Jahre hat Truttenbach ein umfangreiches Fachwissen in Bezug auf den zweiten Weltkrieg und das Thema Bunkerstellungen angesammelt.



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    Truttenbach hat auch Austellungsstücke in dem Bunker platziert, mit denen interagiert werden kann. So lässt sich ein Eindruck gewinnen, wie Telefonverbindungen und Lüftungsanlagen in der damaligen Zeit funktionierten.



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    Während Sie links den ursprünglichen Tarnbunker sehen, ist rechts der heutige Zustand dargestellt.

    Die große Holztür auf dem alten Bild ist eine Atrappe. Dahinter lag die wirkliche, bei weitem kleinere Bunkertür aus Stahl.

    Die Bunkertüren waren kleiner, damit sie von feindlichen Geschützen schlechter getroffen wurden - die Eingangstüren waren generell eine Schwachstelle jedes Bunkers.

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    Die Korker Waldstellung

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    ... reichte von Holzhausen bei Rheinau bis nach Schutterwald. 

    Die Bunker standen in einem Abstand von 200 bis 400 Metern voneinander entfernt. Dazwischen wurden häufig Maschinengewehrnester platziert.

    Heute sind von den einstigen Anlagen nur noch Ruinen erhalten. Die Alliierten hatten die meisten Bunker nach 1946 gesprengt.

    Noch heute lassen sich Bunkerteile, die von den Explosionen in die Luft geschleudert wurden, im gesamten Waldgebiet finden, sagt Michael Truttenbach.




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    Mit dem Bau des Westwalls verschwand die Korker Waldstellung in die Bedeutungslosigkeit.

    Sie befand sich zu weit im Hinterland, als dass sie die neuen Rheinstellungen effektiv unterstützen konnte.

    Doch warum hieß der Bereich "Korker Waldstellung", wenn sich diese über einen viel weiteren Bereich erstreckte?

    Michael Truttenbach sagt, dass es sich bei dem Namen wahrscheinlich  um einen "Code"-Namen gehandelt haben dürfte, der stellvertretend für die betroffene Region stand.




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    Belüftungsanlage

    Wie schon in dem Tarnbunker in Neumühl hatte auch dieser Bunker eine Belüftungsanlage.

    Bei einem Gasangriff erzeugte sie einen Überdruck, um das Gas am Einströmen zu hindern.

    Bunkerdecke

    Die Deckenstärke der Bunker zur Zeit des Zweiten Weltkriegs stieg über die Jahre kontinuierlich an, da die Sprengkraft der Bomben zunahm.

    Durchschnittlich waren die Decken zwischen zirka 1,40 und 3,50 Meter dick.

    Bettenbefestigungen

    Auch in diesem Bunker gab es vermutlich hochklappbare Schlafpritschen für die Soldaten.

    Überreste finden sich hier in Form von Stahlhalterungen, an denen die Betten aufgehängt wurden.

    Bewehrungsstahl

    Streben aus Bewehrungsstahl, auch genannt Armierungseisen wurden in den Beton eingegossen, um dem Bunker zusätzliche Stabilität zu verleihen.

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    Das linke Bild zeigt einen Flakbunker bei Hohnhurst im Juni 1940.

    Heute (rechts) ist die Anlage zugewuchert und mit einem Jagdhäuschen versehen.

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    Bunkerstellungen aus dem Kalten Krieg

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    Im Hintergrund sehen Sie ein Symbolbild von einem U-Boot Bunker in Sevastopol auf der Krim. Das Bild stammt von Mikhail Stardubov/shutterstock.

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    Die Bunkerstellung auf der Hornisgrinde

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    ... stammt aus der Zeit des Kalten Kriegs und ist weniger stark in ihren ursprünglichen Zustand versetzt worden, als die vergangenen zwei Anlagen. Das liegt unter anderem daran, dass nicht bekannt ist, für was die Räume in der Bunkerstellung genau verwendet wurden.

    Lediglich die Lüftungsanlage und der Notausgang lassen sich noch genau zuordnen, sagt Friedrich Wein, Bunkerexperte und Festungsforscher.

    In den Gängen und Räumen unter der Erde hatte es auch in dem vergangenen, sehr heißen Sommer lediglich 13 Grad. Im Winter bewegen sich die Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad, so Wein.





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    > Friedrich Wein ist Architekt und Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz.

    > Seit 35 Jahren betätigt er sich in seiner Freizeit und im Beruf mit dem Thema Denkmalschutz.

    > Ebenfalls seit 35 Jahren ist Wein in der Festungsforschung tätig, unter anderem mit Schwerpunkten auf der französischen Maginot-Linie und den Westbefestigungen in Baden-Württemberg.

    > Wein ist zusätzlich Fachbuchautor und hat unter anderem das Werk „Die Marinegeschütze des Westwalls am Oberrhein“ in Zusammenarbeit mit Sascha Kuhnert geschrieben.

    > Klaus Gras, Michael Truttenbach und Friedrich Wein bilden eine Interessengemeinschaft. Zusammen mit vielen weiteren Personen setzen sie sich unter anderem für die Erhaltung der Bunker ein.

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    Das Bild links zeigt zwei Parabolantennen, mit denen Nachrichtenverbindungen von der Hornisgrinde nach Nancy und Trier bestanden.

    Rechts ist der gleiche Bereich, wie er heute aussieht. Der Bunker befindet sich rechts vom Turm, relativ genau unter den Bänken.

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    Bunker heute

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    Die Bunkeranlagen des Westwalls wurden nach dem Sommer 1940 verlassen, erklärt Patrice Wijnands. Es gab eine neue Grenze zu schützen: Die Atlantik-Küste. Die Wehrmacht hatte Frankreich erfolgreich besetzt und errichtete den Atlantik-Wall.

    Der Westwall verlor somit massiv an Wichtigkeit.

    Nach Kriegsende sprengten die Alliierten laut Wijnands zahlreiche Bunker und hinterliessen die ungeliebten Ruinen in der Landschaft. Mit dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz 1958 fielen die Anlagen dann dem Bund zu. Unter anderem wegen Problemen bei der Verkehrssicherheit, entledigte sich aber auch dieser einem Großteil der übrig gebliebenen Bauten, indem er sie zerstörte.







    Sind die Bunkeranlagen heutzutage bedeutungslos geworden?






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    Errichtet, zerstört und wiederhergestellt - Was bleibt von den Bunkern der Ortenau, außer Erinnerungen?




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