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Einbruch

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Seit 16 Jahren leben Melli und Waldemar Neimann in ihrem Haus in Lahr. Jetzt ist es ihnen fremd. Ein Einbrecher überraschte das Paar nachts, weckte sie auf, rannte davon. Geklaut hat er nur 63 Euro und ein paar Cent. Und doch hat er alles verändert in dieser Nacht.

Eine Rekonstruktion.

Von Bastian André
Mit Fotos von Stephan Hund und Ulrich Marx


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Es ist der 2. Mai 2015. Freitagabend. Melli und Waldemar Neimann sind bei ihrer Tochter. Hochzeitsvorbereitungen. Es ist ein schöner, fröhlicher Abend. Sie lachen zusammen, sind voller Vorfreude. Auf den großen Tag. Der Hochzeit.

Nach Mitternacht kommen Melli und Waldemar nach Hause.

Um 1.30 Uhr legen sie sich schlafen.
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Es ist 4.20 Uhr. Das Telefon klingelt im Erdgeschoss. Melli und Waldemar schlafen ein Stockwerk höher, werden vom schrillen Läuten aus dem Schlaf gerissen.

Melli steht auf, läuft die Treppe herunter. Dem Läuten entgegen. Als sie unten ankommt, verstummt es.

Etwas stimmt nicht.
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Das Telefon ist verstummt. Melli schaut sich um. Münzen liegen auf dem Boden. Der Schlüssel ihres Toyotas fehlt im Wandregal. Die Haustür ist aufgebrochen.

Wieder klingelt das Telefon. Melli hebt den Hörer ab. "Euer Schwiegersohn versucht das Auto aus dem Hof zu schieben!", sagt die aufgeregte Stimme am anderen Ende.

Melli hat Angst. "Waldemar!", schreit sie die Treppe hoch. "Bei uns ist ein Einbrecher!"
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Als Waldemar den Schrei seiner Frau hört, eilt er aus dem Schlafzimmer die Treppe runter zu ihr.

Melli ist völlig aufgelöst, verwirrt. Sie hat Angst.

Waldemar sieht die aufgebrochene Haustür. Er geht durch, raus in den Hof, auf die Straße.

In der Ausfahrt steht der Toyota. Verlassen.
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Draußen ist vom Einbrecher nichts mehr zu sehen. Der Toyota steht rückwärts rausgefahren zwischen Ausfahrt und Straße. Der Motor ist aus. Die linke Seite demoliert.

Später wird Waldemar von seiner Nachbarin erfahren, dass der Einbrecher mit dem Toyota wegfahren wollte, aber in der Ausfahrt an einem Pfosten hängenblieb. Er stieg aus, wollte den Wagen mit bloßer Körperkraft schieben.

Als er das Telefon im Haus klingeln hört, lässt er davon ab und ergreift die Flucht.
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Waldemar kehrt ins Haus zurück, ruft sofort die Polizei.

Er und Melli warten. Ihr Herz klopft. Sie fühlen sich allein. Angegriffen. Die Nachbarin stößt dazu. 20 Minuten vergehen, ziehen sich. Eine Polizeistreife fährt vor, im Wagen sitzt ein junger Mann auf der Rückbank. "Das ist er!", ruft die Nachbarin aufgeregt. Es ist nicht der Schwiegersohn von Melli und Waldemar.

Aber der Einbrecher, ja, der ist es. Sie ist sich sicher.
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"Gib mir mein Geld, das du geklaut hast", ruft Waldemar der Gestalt im Polizeiauto entgegen. Keine Reaktion. Waldemar erinnert sich: "Der hat nur gegrinst. Als hätt' er nichts angerichtet."

Wenige Minuten später fährt der Polizeiwagen davon. Andere Beamten bleiben. Spurensicherung.

Melli und Waldemar können nur zuschauen. Fassungslos. Hilflos.
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Der Morgen bricht an. Draußen wird es hell.

Waldemar geht in den Garten, will sich ablenken. Im Gras entdeckt er braune Flecken. Klebrig. Fürchterlich stinkend.

Die Spuren führen ins babyblaue Gartenhaus. Beißender Gestank. Waldemar blickt ins Häuschen. Kann es nicht fassen.

"Er hat ins Häuschen geschissen", erzählt er. Knallhart. Angeekelt.
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Die braunen Flecken, sie sind im ganzen Garten verteilt. Die Teppiche auf der Terrasse muss Waldemar entsorgen lassen. "Hat alles gestunken", erzählt er. "Ein Glück, dass nichts davon ins Haus gekommen ist."

Der zerkratze Toyota, die aufgebrochene Haustür. 9000 Euro Kosten waren es insgesamt, sagt Waldemar.

Sein Versicherungsschutz hat die Schäden nicht übernommen.
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"Ich hatte die Teilkasko fürs Auto ein halbes Jahr zuvor gekündigt und auch keine Haftpflichtversicherung", erzählt Waldemar enttäuscht. Niemand wollte helfen. Keine Versicherung hat die Schäden übernommen.

Letztendlich hat er 1500 Euro vom "Weißen Ring" bekommen - einem Hilfsverein für Opfer von Gewaltverbrechen. "Ein Glück", sagt Waldemar.

Aber nicht nur finanzielle Schäden sind geblieben.
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Waldemar und seine Frau wollen nicht in ihrem Haus bleiben. 16 Jahre lang haben sie dort gelebt. Nach dieser Nacht fühlen sie sich nicht mehr sicher. Fühlen sich fremd.

Sie haben ein Haus gekauft, renovieren es jetzt. "Melli will hier nicht bleiben", gesteht Waldemar. "Wir mussten halt einen Kredit dafür aufnehmen." Das musste sein. Er hat es für sie gekauft.

Für den Neuanfang. Und ruhige Nächte.

Hofft Waldemar.
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